Rechtsgrundlagen #
In Deutschland existieren zwei Gesetze, die den Anspruch auf Kindergeld regeln: Das Einkommensteuergesetz (EstG) und das Bundeskindergeldgesetz (BKGG). Welches der Gesetze angewendet wird, hängt von den jeweiligen Voraussetzungen ab, unter denen das Kindergeld gewährt, also gezahlt wird.
In den meisten Fällen wird das Kindergeld nach den Regeln des Einkommensteuergesetzes gezahlt. Das betrifft vor allem Familien, in denen die Eltern in Deutschland leben und dort ihren festen Wohnsitz oder Lebensmittelpunkt haben. Diese Familien zahlen in Deutschland Steuern, und das Kindergeld wird als eine Art steuerliche Unterstützung gewährt.
Das Bundeskindergeldgesetz wird angewendet, wenn Eltern oder Erziehungsberechtigte im Ausland leben und „beschränkt steuerpflichtig“ nach dem Einkommensteuergesetz sind, also nicht auf ihr gesamtes Einkommen Steuern in Deutschland zahlen. Das Kindergeld wird dann als Sozialleistung gezahlt – als eine staatliche Unterstützung.
Begriffserklärung #
Das Kindergeld ist eine finanzielle Unterstützung des Staates, die Familien mit Kindern helfen soll, die Kosten für deren Unterhalt und Ausbildung zu tragen. Es ist Teil des sogenannten Familienlastenausgleichs. Es dient dazu, die höheren finanziellen Belastungen auszugleichen, die durch den Unterhalt und die Ausbildung der Kinder entstehen.
Obwohl das Kindergeld keine klassische Sozialleistung ist, wird es als „geldwerte Leistung“, also in Geldform, an die Erziehungsberechtigten ausgezahlt. Die Zahlungen sollen das Existenzminimum eines Kindes abdecken, also die grundlegenden Kosten für Unterhalt, Betreuung und Ausbildung.
Um Anspruch auf Kindergeld zu haben, muss ein Kind „Kind im Sinne des Gesetzes“ sein. Das sind:
- Kinder, die direkt (im ersten Grad) mit dem Antragsteller verwandt sind und innerhalb einer Ehe geboren wurden, nachträglich als ehelich anerkannt wurden, außerhalb einer Ehe geboren wurden oder adoptiert sind.
- Stiefkinder (Kinder des Ehepartners oder Lebenspartners) und Enkelkinder, die im Haushalt des Antragstellers leben.
- Pflegekinder, die wie eigene Kinder dauerhaft im Haushalt des Antragstellers leben und unterhalten werden. Voraussetzung ist, dass kein Obhuts- und Pflegeverhältnis mehr zu den leiblichen Eltern besteht.
- Geschwister, die im Haushalt des Antragstellers leben und dieselben Voraussetzungen als Pflegekinder erfüllen.
Lies: § 63 Abs. 1 EStG, § 32 EStG und § 2 BKGG
Anspruch #
Auch wenn es zwei Elternteile gibt, kann immer nur eine Person das Kindergeld für ein Kind erhalten. In der Regel erhält das Kindergeld der Elternteil, bei dem das Kind im Haushalt lebt. Wenn beide Elternteile in einem gemeinsamen Haushalt wohnen, können sie durch eine Berechtigtenbestimmung festlegen, wer das Kindergeld erhalten soll. Diese Festlegung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.
Auch bei getrenntlebenden Eltern kann festgelegt werden, wer das Kindergeld erhält wenn das Kind ungefähr gleich viel Zeit bei beiden Elternteilen verbringt. Zum Beispiel wenn es im sogenannten Wechselmodell eine Woche bei der Mutter und eine Woche beim Vater lebt (oder in ähnlicher Aufteilung). Können sich die Eltern nicht einigen, wer das Kindergeld erhalten soll, entscheidet das Familiengericht auf Antrag darüber, wer kindergeldberechtigt ist.
Einkommenssteuergesetz
Erziehungsberechtigte haben Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz, wenn sie deutsche Staatsangehörige sind und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Ein Anspruch besteht auch, wenn der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt nicht in Deutschland liegt, die erziehungsberechtigte Person jedoch unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nach dem Einkommensteuergesetz ist.
Für Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft gelten folgende Regelungen: Personen, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben und die:
- Staatsangehörige der Europäischen Union oder
- Staatsangehörige des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Liechtenstein und Norwegen) oder der Schweiz sind,
können ebenfalls Kindergeld erhalten. Auch Menschen aus Drittstaaten, die in Deutschland leben und eine gültige Niederlassungserlaubnis besitzen, haben Anspruch auf Kindergeld. Dies gilt ebenso für unanfechtbar anerkannte Geflüchtete und Asylberechtigte.
Lies: § 62 Abs. 1 EStG
Bundeskindergeldgesetz
Ein Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz besteht neben den bereits genannten Voraussetzungen (Wohnsitz im Ausland und nicht unbeschränkt steuerpflichtig nach dem EStG) nur, wenn der Antragstellende:
- in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit steht oder
- als Entwicklungshelfer oder Missionar tätig ist oder
- als Beamter eine Tätigkeit bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands ausübt oder
- als Ehegatte oder Lebenspartner eines NATO-Truppenmitglieds in Deutschland lebt und die Staatsangehörigkeit eines EU-/EWR-Mitgliedstaats besitzt oder
- in Deutschland beschäftigt oder selbstständig ist oder eine Rente nach deutschen Rechtsvorschriften bezieht und in einem Mitgliedstaat der EU, des EWR oder in der Schweiz lebt.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Kind auch für sich selbst Kindergeld beantragen:
- Es hat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und
- ist Vollwaise oder kennt den Aufenthalt der Eltern nicht und
- für das Kind wurde nicht schon Kindergeld durch eine andere Person beantragt und gewährt.
Dauer des Anspruchs
Der Staat zahlt für jedes Kind bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ohne weitere Voraussetzungen Kindergeld an die Erziehungsberechtigten aus. Mit Eintritt der Volljährigkeit wird das Kindergeld nur noch unter bestimmten Voraussetzungen weitergezahlt. Beispielsweise kann für einen Zeitraum von bis zu vier Monaten das Kindergeld für ein volljähriges Kind für die Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungen, zum Beispiel Schule und Studium, weitergezahlt werden.
Bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres können Erziehungsberechtigte weiterhin Kindergeld erhalten, sofern folgende Voraussetzungen zutreffen:
- Das volljährige Kind steht in keinem Beschäftigungsverhältnis und ist bei der Bundesagentur für Arbeit, dem Jobcenter oder einer staatlichen Arbeitsvermittlung in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz als arbeitssuchend gemeldet.
- Das volljährige Kind bezieht kein Bürgergeld.
Kindergeld wird auch weitergezahlt, wenn das volljährige Kind eine geringfügige Tätigkeit ausübt.
Unter folgenden Voraussetzungen kann das Kindergeld sogar bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gezahlt werden:
- Das Kind befindet sich in einer Berufsausbildung (z.B. Studium, Ausbildung).
- Das Kind leistet einen Freiwilligendienst im In- oder Ausland ab (z.B. FSJ, FÖJ, Bundesfreiwilligendienst).
- Trotz ernsthafter Bemühungen um einen Ausbildungsplatz war die Suche bisher erfolglos (Nachweise müssen bei der Familienkasse erbracht werden).
- Das Kind hat bereits eine Zusage für eine Ausbildungsstelle erhalten, kann diese aber erst später antreten (z.B. mit Beginn des betrieblichen Ausbildungsjahres).
- Das offizielle Bewerbungsverfahren für eine Ausbildungsstelle hat noch nicht begonnen, das Kind weist aber gegenüber der Familienkasse seine ernsthaften Bewerbungsabsichten nach.
Mit dem Abschluss der erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums endet der Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind danach einer Erwerbstätigkeit nachgeht, die mehr als 20 Wochenarbeitsstunden umfasst. Ausnahmen gelten für Erwerbstätigkeiten im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses (z.B. Referendariat).
Über das 25. Lebensjahr hinaus wird das Kindergeld ohne Altersbegrenzung weitergezahlt, wenn das Kind eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung hat. Voraussetzung hierfür ist, dass das Kind aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage ist, seinen notwendigen Lebensbedarf selbst zu finanzieren. Das bedeutet, es kann seinen allgemeinen Lebensbedarf sowie den zusätzlichen Bedarf, der durch die Behinderung entsteht, nicht aus eigenen Mitteln decken. Zudem muss die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten und nachgewiesen worden sein.
Lies: § 63 Abs. 1 S. 2 EStG i.V.m. § 32 Abs. 3 bis 5 EStG
Höhe des Anspruchs
Die Höhe des Kindergeldes beträgt monatlich 250 €. Ab dem 01.01.2025 wird der Betrag auf 255 € monatlich erhöht.
Rückwirkung des Anspruchs
Es besteht auch die Möglichkeit sich das Kindergeld für bis zu sechs Monate rückwirkend auszahlen zu lassen, sofern die Anspruchsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden haben.
Lies: § 70 Abs. 1 S. 2 EStG und § 5 Abs. 2 EStG
Antragserfordernis #
Der Kindergeldantrag ist schriftlich und in der Regel durch den Kindergeldberechtigten bei der zuständigen Familienkasse zu stellen. Der Antrag kann sowohl in Papierform als auch online eingereicht werden. Neben dem Kindergeldberechtigten können auch andere Personen oder Stellen, wie etwa das Jugendamt oder Sozialamt, den Antrag stellen, sofern sie ein berechtigtes Interesse an der Kindergeldzahlung nachweisen können, z.B. im Falle einer Abzweigung. Das bedeutet, dass das Kindergeld direkt an eine andere Person oder Stelle ausgezahlt wird, wenn es nicht richtig für das Kind verwendet wird.
Die Zuständigkeit der Familienkasse richtet sich nach dem Wohnort oder dem Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindergeldberechtigten. Wenn der Antrag für ein bereits volljähriges Kind gestellt wird, müssen unter Umständen besondere Nachweise erbracht werden, wie beispielsweise eine Immatrikulationsbescheinigung als Nachweis für den Beginn eines Studiums.
Zusätzlich muss die antragsberechtigte Person über eine Steueridentifikationsnummer verfügen, um den Antrag ordnungsgemäß stellen zu können.
Lies: § 67 EStG, § 60 Abs. 1 S. 2 EStG und § 9 BKGG
Mittteilungspflichten #
Wer Kindergeld beantragt oder erhält, ist verpflichtet, Änderungen mitzuteilen, die für die Kindergeldleistung relevant sind. Die Änderungen müssen unverzüglich bei der zuständigen Familienkasse angegeben werden um eine Überzahlung zu verhindern.
Die Verletzung der Mitteilungspflicht kann rechtliche Konsequenzen haben. Sie kann entweder als Ordnungswidrigkeit eingestuft und mit einem Bußgeld verhängt werden oder gar in schwerwiegenden Fällen als Straftat eingestuft werden. Beispiele für relevante Änderungen, die der Familienkasse gemeldet werden müssen, finden sich auf der Internetseite der Familienkasse .
Lies: § 68 Abs. 1 S. 1 EStG
Kindergeldabzweigung #
Wenn der Kindergeldberechtigte seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommt, kann das Kindergeld direkt an das Kind oder an die Person oder Institution gezahlt werden, die den Unterhalt des Kindes übernimmt. Dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte finanziell nicht in der Lage ist, den vollen Unterhalt zu leisten oder nur weniger beisteuern kann als das ausgezahlte Kindergeld. Das Kind kann die Auszahlung des Kindergeldes an sich selbst verlangen, wenn es einen eigenständigen Haushalt führt und sich vollständig selbst versorgt. Eine direkte Auszahlung ist jedoch nur an volljährige Kinder möglich, da die sozialrechtliche Handlungsfähigkeit, die mit dem 15. Lebensjahr eintritt, nicht die steuerrechtliche Handlungsfähigkeit umfasst, die erst mit der Volljährigkeit eintritt (vgl. § 36 Abs. 1 SGB I).
Haben die Eltern kein Kindergeld beantragt, kann eine Abzweigung erst durchgeführt werden, wenn geklärt ist, welcher Elternteil berechtigt ist, Kindergeld zu erhalten. Im Zweifel hat das Familiengericht die Frage der Berechtigung zu klären, falls sich die Eltern nicht darum kümmern.
Andere Personen oder Stellen, die dem Kind gegenüber tatsächlich Unterhalt leisten, können ebenfalls als Empfänger des Kindergeldes in Betracht kommen. Dies können z.B. Verwandte, Freunde, Nachbarn, das Jugendamt oder Sozialhilfeträger sein.
Um eine Abzweigung des Kindergeldes zu veranlassen, muss ein Abzweigungsantrag bei der zuständigen Familienkasse gestellt werden. Der Antrag muss schriftlich gestellt werden und kann online ausgefüllt werden.
Lies: § 74 Abs. 1 EStG