Elternassistenz #
Für Eltern mit Behinderung stellt es eine Herausforderung dar, den Alltag mit Babys und Kleinkindern zu meistern. Je nach Art und Schwere der Behinderung stoßen betroffene Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder und Bewältigung des Alltags an ihre Grenzen. Die Elternassistenz dient dazu, die Eltern bei den täglich anfallenden Aufgaben zu entlasten. Sie soll die erkrankungsbedingten Einschränkungen ausgleichen und den Eltern zugleich ermöglichen, ihre Verantwortung für das Kind selbstbestimmt wahrzunehmen. Hierzu wird den Eltern eine Assistenzperson an die Seite gestellt. Die Eltern bleiben jedoch immer erste Bezugsperson des Kindes, während die Elternassistenz „lediglich“ eine unterstützende Tätigkeit einnimmt, ohne die Eltern in ihrer Funktion zu ersetzen. Anders als beispielsweise ein Pflegedienst, richtet sich die Elternassistenz nach den Gestaltungswünschen der erkrankten Eltern und ihren Kindern. Das heißt, Ort, Zeit und Umfang der Hilfeleistung richten sich nach dem konkreten Bedarf der Eltern. Die Erziehungskompetenz verbleibt jederzeit bei den Eltern.
Mit Einführung des Bundesteilhabegesetzes wurde in § 78 Abs. 1 und 3 SGB IX ein Rechtsanspruch auf den Erhalt von Elternassistenz geregelt. Danach können Assistenzleistungen zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltags in Anspruch genommen werden. Ausdrücklich davon umfasst sind Leistungen an Mütter und Väter bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder.
Lies: § 78 Abs. 1 und 3 SGB IX
Voraussetzung für den Erhalt von Elternassistenz ist das Vorliegen einer chronischen Erkrankung bzw. Behinderung. Bei zusammenlebenden Eltern müssen nicht beide Elternteile eingeschränkt sein. Es reicht grundsätzlich aus, wenn nur ein Elternteil eine chronische Krankheit bzw. Behinderung hat.
Beantragt wird die Elternassistenz beim zuständigen Leistungsträger. Dies ist in den meisten Fällen der Träger der Eingliederungshilfe. Es kann auch die gesetzliche Krankenkasse, die gesetzliche Rentenversicherung oder die gesetzliche Unfallversicherung zuständig sein. Besteht Unklarheit darüber, an wen der Antrag zu richten ist, empfiehlt es sich den Antrag schriftlich gegenüber dem Träger der Eingliederungshilfe zu stellen. Sollte dieser nicht zuständig sein, ist er verpflichtet, den Antrag nach Prüfung an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten.
Die Elternassistenz kann entweder als Sachleistung oder als persönliches Budget bezogen werden. Wird die Elternassistenz als Sachleistung gewährt, so stellt der Leistungsträger eine Fachkraft zur Verfügung. Demgegenüber besteht der Vorteil beim persönlichen Budget darin, dass sich die Eltern selbstständig um eine passende Assistenz kümmern können und diese direkt bei sich einstellen können. Dabei ist jedoch zu beachten, dass damit auch arbeitsrechtliche Pflichten einhergehen, wie beispielsweise die Erstellung einer ordnungsgemäßen Abrechnung, Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer an das Finanzamt oder die Gewährung von Urlaub. Möchten die Eltern nicht selbst als Arbeitgeber auftreten, besteht auch bei der Variante des „persönlichen Budgets“ die Möglichkeit, die Assistenz über einen Dienstleister zu beauftragen.
Begleitete Elternschaft #
Die begleitete Elternschaft ist ein Unterstützungsangebot für Eltern mit Lernschwierigkeiten bzw. geistiger Behinderung. Die Unterstützung soll dazu beitragen, dass behinderte Eltern mit ihren Kindern weiter zusammenleben können und dabei ein gutes Aufwachsen der Kinder gewährleistet ist. Gleichzeitig soll durch die begleitete Elternschaft die Erziehungskompetenz der Eltern gestärkt werden.
Da die begleitete Elternschaft sowohl das Wohlergehen der Kinder als auch die Verbesserung der Lebenssituation der Eltern im Blick hat, liegen die rechtlichen Grundlagen zum einen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) und zum anderen im Bereich der Eingliederungshilfe (SGB IX). In der Kinder- und Jugendhilfe sind vor allem die Hilfen zur Erziehung gem. §§ 27 ff SGB VIII relevant. Bei der Eingliederungshilfe ist § 78 Abs. 1 und 3 SGB IX, welcher Assistenzleistungen für Mütter und Väter mit Behinderungen zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltags regelt, die entscheidende Norm.
Damit Eltern Leistungen in der Form der Eingliederungshilfe erhalten können, muss bei ihnen eine wesentliche Behinderung vorliegen bzw. eine solche Behinderung drohen, vgl. § 99 Abs. 1 SGB IX. Dies muss durch eine fachärztliche Stellungnahme nachgewiesen werden. Ab wann eine Behinderung als wesentlich gilt, wird derzeit noch durch die §§ 1 – 3 der Eingliederungshilfe-Verordnung geregelt, welche mit Einführung des Bundesteilhabegesetzes zum 31.12.2019 außer Kraft getreten ist. Da der Gesetzgeber bisher jedoch keine neue Rechtsverordnung erlassen hat, gelten die vorgenannten Paragrafen bis zum Inkrafttreten einer neuen Rechtsverordnung weiter, vgl. § 99 Abs. 4 S. 2 SGB IX.
Lies: § 99 Abs. 1 SGB IX
Ein Anspruch auf Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII besteht, wenn bei der Erziehung des Kindes oder eines Jugendlichen eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Zudem muss die Antragstellerin bzw. der Antragsteller mit der Hilfeleistung einverstanden sein. Wird ein (formloser) Antrag bei der zuständigen Stelle gestellt, ist grundsätzlich von einem Einverständnis auszugehen.
Lies: § 27 SGB VIII
Liegen diese Anspruchsvoraussetzungen vor, so kann die begleitete Elternschaft entweder als ambulante Unterstützung im eigenen Wohnraum oder als Unterstützung in besonderen Wohnformen bzw. einer Eltern-Kind-Einrichtung gewährt werden.
Die begleitete Elternschaft wird nicht von Gesetzes wegen erbracht, sondern muss beantragt werden. Je nachdem, welche Angebotsform gewählt wird, muss der Antrag an unterschiedliche Stellen gerichtet werden. Wird die begleitete Elternschaft als Hilfe zur Erziehung gem. §§ 27 ff. SGB VIII beantragt, so ist das örtliche Jugendamt zuständig. Wird die begleitete Elternschaft dagegen als Eingliederungshilfe gem. § 78 SGB IX beantragt, ist der der Antrag beim zuständigen Träger der Eingliederungshilfe zu stellen. Nachdem der Antrag eingereicht wurde, wird der Unterstützungsbedarf ermittelt und im Anschluss eine Entscheidung über die Form und den Umfang der zu gewährenden Hilfe getroffen.
Hilfsmittel #
Gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 8 SGB IX i.V.m. § 84 SGB IX umfassen die Leistungen zur Sozialen Teilhabe auch Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch eine Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Als Hilfsmittel können grundsätzlich allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, die zur Bewältigung des Alltags benötigt werden und allgemein für jeden zugänglich sind, gesehen werden. Bei Eltern mit Behinderung sind dies beispielsweise höhenverstellbare und unterfahrbare Kinderbetten und Wickeltische oder auch sogenannte „Rollstuhladapter“, um einen Kinderwagen selbständig schieben zu können. Dagegen sind Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht von § 76 Abs. 2 Nr. 8 SGB IX i.V.m. § 84 SGB IX umfasst.
Lies: § 76 Abs. 2 Nr. 8 SGB IX und § 84 SGB IX
Ein Anspruch aufs Hilfsmittel im Bereich des Eingliederungshilferechts ergibt sich aus § 113 Abs. 2 Nr. 8 SGB IX i.V.m. § 99 SGB IX. Zunächst ist zu beachten, das Leistungen zur sozialen Teilhabe, wozu auch die vorgenannten Hilfsmittel zählen, nur nachrangig erbracht werden. Das heißt, es ist vorab zu prüfen, ob ggf. ein anderer Rehabilitationsträger für die Erbringung der Leistung herangezogen werden kann. Ist dies der Fall, so muss der Anspruch vorrangig gegenüber diesem geltend gemacht werden. Um Hilfsmittel gem. § 76 Abs. 2 Nr. 8 SGB IX i.V.m. § 84 SGB IX zu erhalten, müssen zusätzlich die Voraussetzungen gemäß § 99 Abs. 1 SGB IX vorliegen. Danach muss die anspruchsberechtigte Person wesentlich in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sein (wesentliche Behinderung) oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sein (siehe oben).
Hilfsmittel i.S.v. § 76 Abs. 2 Nr. 8 SGB IX i.V.m. § 84 SGB IX werden nur auf Antrag gewährt. Dieser muss gegenüber dem zuständigen Leistungsträger gestellt werden. In der Regel ist dies der Träger der Eingliederungshilfe. Besteht weiterhin Unsicherheit über die Zuständigkeit, kann der Antrag bei der vermeintlich zuständigen Stelle eingereicht werden. Sollte nach Prüfung des Antrags die Unzuständigkeit des in Anspruch genommen Leistungsträgers herauskommen, so ist dieser verpflichtet, den Antrag an die zuständige Stelle weiterzuleiten. Der Antrag auf Hilfsmittel kann formlos gegenüber dem Träger gestellt werden. Es genügt daher grundsätzlich ein Anruf bei der zuständigen Stelle. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist jedoch stets ein schriftlicher Antrag zu empfehlen.