Umgangsrecht von Eltern und Kindern #
Ein Kind hat ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil. Umgekehrt hat jeder Elternteil ein Recht auf Umgang mit dem Kind.
Lies: § 1684 Abs.1 BGB
Wer Elternteil eines Kindes ist, bestimmt sich streng nach den Regeln des Abstammungsrechts, also nach § 1591 BGB (Mutterschaft) und § 1592 BGB (Vaterschaft). Es kommt im Hinblick auf die Frage, ob eine Person Elternteil im Sinne des § 1684 Absatz 1 BGB ist also nicht auf die biologische Elternschaft, sondern allein auf die rechtliche Elternschaft an. Dies ist insbesondere im Hinblick auf leibliche (biologische) Väter von Kindern wichtig, die nicht die rechtliche Vaterschaft innehaben. Sie haben kein Umgangsrecht nach § 1684 BGB. Das Umgangsrecht zwischen Kindern und ihren leiblichen (nicht rechtlichen) Vätern wird in § 1686a BGB berücksichtigt. Dazu später.
Einigung über den Umgang
Das Gesetz geht davon aus, dass Eltern über den Umgang mit dem Kind eine Einigung herbeiführen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Eltern zusammen leben und ein gemeinsames Sorgerecht ausüben, ob sie als getrennt lebende Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht das Kind betreuen oder ob sie als getrennt lebende Eltern kein gemeinsames Sorgerecht ausüben. Staatliche Instanzen (weder das Jugendamt noch das Familiengericht) mischen sich in die Ausgestaltung des Umgangsrechtes nicht ein, solange nicht entweder ein Elternteil diese Einmischung begehrt oder aber eine abweichende Ausgestaltung zum Schutz des Kindswohls erforderlich ist.
Wohlverhaltensklausel
Im Kontext von Trennung und Scheidung kann es zu Streitigkeiten und Auseinandersetzungen zwischen den Eltern kommen, die auch Auswirkung auf den Umgang mit dem Kind haben.
Der Gesetzgeber erlegt den Eltern in diesem Zusammenhang auf, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil erschwert.
Lies: § 1684 Abs.2 BGB
Ausgestaltung des Umgangsrechts
Die Ausgestaltung des Umgangsrechts obliegt den Eltern. Bis an die Grenze der Kindswohlgefährdung haben sie das gemeinsame Recht zur freien Gestaltung des Umgangs.
In der Praxis haben sich unterschiedliche Modelle etabliert:
- Das Kind wohnt bei einem Elternteil und verbringt beim anderen regelmäßig einige Tage. Dieses Model ist das am häufigsten praktizierte Modell in Deutschland. Überwiegend ist die Mutter der Elternteil, bei dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat (Residenzmodell).
- Beide Eltern sorgen im selben Umfang für das Kind. Alle Zeiten werden etwa zur Hälfte aufgeteilt (Wechselmodell).
- Das Kind bleibt in der vormals gemeinsamen Wohnung. Die Eltern wohnen abwechselnd mit ihm. Nicht das Kind sondern die Eltern ziehen regelmäßig um (Nestmodell).
- Beide Eltern leben auch nach der Trennung weiterhin in einer gemeinsamen Wohnung und kümmern sich gemeinsam um das Kind (Familien-WG).
- Ein Partner lebt mit dem Kind zusammen. Der andere Partner kommt regelmäßig für einige Stunden zu Besuch (Besuchsmodell).
Beispiel einer typischen Umgangsvereinbarung im Residenzmodell:
- Der umgangsberechtigte Elternteil ist berechtigt und verpflichtet, das gemeinsame Kind zur Ausübung des Umgangsrechts jede zweite Woche in der Zeit von Freitag, 16.00 Uhr bis Sonntag, 17.00 Uhr zu sich zu holen.
- Der umgangsberechtigte Elternteil holt das Kind zu Beginn der Besuchszeiten am Wohnort des Kindes ab und bringt es am Ende dorthin wieder zurück, soweit dies erforderlich ist, weil das Kind den Weg noch nicht selbstständig zurückzulegen kann.
- Fällt ein Umgang am Wochenende aus (beispielsweise durch Krankheit des Kindes oder des umgangsberechtigten Elternteils), wird ein Ersatztermin bestimmt. Sollte ein Ersatztermin nicht gefunden werden oder kann hierüber keine Einigung erzielt werden, entfällt der Ersatztermin.
- Für Weihnachten gilt: Am 26.12. wird das Kind um 10 Uhr von dem umgangsberechtigten Elternteil abgeholt bzw. fährt selbständig dort hin (soweit hinreichend selbständig) und verbringt den Tag sowie die darauffolgende Ferienwoche mit diesem Elternteil. Am letzten Tag der ersten Ferienwoche wird das Kind um 17 Uhr zurückgebracht bzw. fährt selbständig zurück. Im darauffolgenden Jahr wird gewechselt, sodass das Kind den 24. und 25.12. beim umgangsberechtigten Elternteil verbringt.
- Für Ostern und Pfingsten gilt ein vergleichbares Wechselmodell. Im ersten Jahr verbringt das Kind den Ostermontag sowie den Pfingstmontag beim umgangsberechtigten Elternteil, im Jahr darauf wird gewechselt. Die Schulferientage werden hälftig aufgeteilt.
- Die Sommerferien sind ebenfalls zur Hälfte aufzuteilen. Dem Umgangsberechtigten steht die erste Ferienhälfte zu, im Folgejahr die zweite. Der Umgang beginnt jeweils am ersten Ferientag um 10 Uhr und endet am letzten Tag der Ferienhälfte um 17 Uhr. Im darauf folgenden Jahr wird gewechselt.
Streit über das Umgangsrecht
Können sich Eltern im Hinblick auf die Ausgestaltung des Umgangsrechts nicht einigen, kann das Familiengericht den Umfang des Umgangsrechtes und seine Ausübung näher regeln. Die Gerichte entscheiden einzelfallbezogen. Ein häufig vorkommendes Regelungsmuster im Kontext des Residenzmodells (Kind hat Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil) ist: Das Kind hält sich alle zwei Wochen am Wochenende (Freitag Nachmittag bis Sonntag Abend) und in den Ferien sowie an hohen Feiertagen jeweils zu Hälfte beim anderen Elternteil auf (siehe oben unter „Ausgestaltung des Umgangsrechts“).
Lies: § 1684 Abs. 3 BGB
Auswirkungen auf Unterhalt und staatliche Leistungen
Die Ausgestaltung des Umgangsrechts hat Rückwirkung auf Unterhaltszahlungen und staatliche Leistungen. Auch aus diesem Grund kann die Auseinandersetzung über das Umgangsrecht von Streit geprägt sein.
Der Elternteil, bei dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat (betreuender Elternteil), erfüllt seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes. Dieser Elternteil muss dem Kind also keinen Barunterhalt zahlen. Die Last zum Barunterhalt liegt in diesem Falle ganz beim anderen Elternteil. Dieser muss an den betreuenden Elternteil für das Kind – und gegebenenfalls auch für den betreuenden Elternteil – Barunterhalt, also Geld zahlen.
Lies:
Leistet der andere Elternteil nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt, erhält der betreuende Elternteil Unterhaltsersatzleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Der betreuende Elternteil hat Anspruch auf die Hälfte des Kindergeldes.
Weitere Einzelheiten zum Unterhaltsrecht werden im Abschnitt „Unterhaltsrecht“ erklärt.
Einschränkung und Ausschluss des Umgangsrechts
Das Umgangsrecht kann nur in Ausnahmefällen ganz ausgeschlossen werden. Das Gesetz sieht Beschränkungen und den Ausschluss des Umgangsrechtes vor, wenn diese zum Wohle des Kindes erforderlich sind. Dies kommt zum Beispiel bei Fällen von Kindeswohlgefährdung durch Gewaltanwendung gegenüber dem Kind oder Missbrauchsfällen in Frage. Der vollständige Ausschluss dem Umgangsrechts ist „ultima ratio“. Insbesondere hat das Gericht zu prüfen, ob ein sogenannter begleiteter Umgang in Frage kommt (vgl. § 1684 Abs. 4 S. 3 und 4 BGB: „…dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist.“).
Lies: § 1684 Abs. 4 BGB
Auskunftsrecht
Jeder Elternteil kann vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Lies: § 1686 BGB
Umgangsrecht weiterer Bezugspersonen #
Die §§ 1685 ff. BGB regeln das Umgangsrecht weiterer Personen.
Großeltern, Geschwister, enge Bezugspersonen
Großeltern, Geschwister und enge Bezugspersonen haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Kindeswohl dient. Anders als bei Elternteilen bedarf des also bei anderen Personen einer positiven Kindswohlprüfung.
Lies: § 1685 BGB
Leiblicher nicht rechtlicher Vater
Solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht hat der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Außerdem hat er ein Recht auf Auskunft von jedem Elternteil über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, soweit er ein berechtigtes Interesse hat und dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Lies: § 1686a BGB
Leiblicher Vater
Leiblicher Vater ist der Mann, der das Kind biologisch gezeugt hat. Er kann sich nach den Regeln des Abstammungsrechts vom rechtlichen Vater unterscheiden.
Lies: § 1592 BGB
Bestehende Vaterschaft eines anderen Mannes
Das Umgangsrecht nach § 1686a BGB besteht nur, wenn und solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Warum? Dies ist deshalb so, weil der leibliche Vater keine Möglichkeit hat, Vater des Kindes zu werden und somit auch kein Umgangsrecht zu erlangen, solange ein anderer Mann Vater des Kindes ist. Besteht aber keine Vaterschaft eines anderen Mannes (mehr), kann der leibliche Vater selbst Vater werden (entweder durch Anerkennung oder durch gerichtliche Feststellung) und so durch Vaterschaft das Umgangsrecht erhalten.
Positive Kindeswohlprüfung
Wie auch bei anderen Bezugspersonen muss der Umgang dem Kindeswohl dienen.